Den Nachlass lieber per Testament regeln?

Vielleicht gerade jetzt im Sommer nicht das schönste Thema, mit dem man sich befassen kann, aber eines, das fast alle betrifft. Denn „irgendwann müssen wir alle gehen“. Und gerade deswegen muss Vorsorge für den Sterbefall getroffen werden. Wenn keine Regelung getroffen wird, tritt die sogenannte gesetzliche Erbfolge in Kraft. Ob Frau oder Mann das so gewollt haben, ist dann egal. In den folgenden Zeilen soll, soweit das hier möglich ist, die gesetzliche Erbfolge erläutert werden sowie die Frage, ob und welche anderen Regelungsmöglichkeiten bestehen. Hinweis: Sie sollten bedenken, dass die nachfolgenden Zeilen keine ausführliche Beratung bei einem Rechtsanwalt ersetzen können. Fallbeispiel: Zur Veranschaulichung nehmen wir an, dass es sich bei den Erblassern um ein Ehepaar im Güterstand der Zugewinngemeinschaft handelt, es zwei gemeinsame Kinder hat und über eine Immobilie sowie „Barvermögen“ verfügt. Die Immobilie gehört beiden Ehepartnern jeweils zur Hälfte. Für beide Ehepartner ist es die erste Ehe, wobei der Ehemann noch ein Kind aus einer früheren Beziehung hat.

 

◼ Die gesetzliche Erbfolge: Diese tritt ein, wenn die Ehegatten entweder bewusst keine Regelung getroffen oder es schlicht zu Lebzeiten vergessen haben, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Möglichkeit eins – der Ehemann verstirbt zuerst: In diesem Fall erbt die Ehefrau zusammen mit allen drei Kindern, den zwei gemeinsamen und dem Kind aus der früheren Beziehung des Ehemanns. Im Hinblick auf die Immobilie bedeutet das, dass die Ehefrau zu den ihr bereits gehörenden 50 Prozent nochmals die Hälfte des Anteils ihres verstorbenen Ehemannes dazu bekommt. Die drei Kinder des Ehemannes teilen sich die andere Hälfte des Ehemannes zu gleichen Teilen – jeder erhält also ein Drittel. Das Problem für die Ehefrau ist jetzt unter Umständen, dass es drei weitere Miteigentümer an der Immobilie gibt und diese drei können in Bezug auf die Immobilie mitbestimmen. Vielleicht wollen die Kinder aber auch, dass die Ehefrau Miete an die Erben gemeinschaft zahlt. In diesem Fall muss die Ehefrau für den Teil der Immobilie, der ihr nicht gehört, tatsächlich Miete zahlen. Das Problem der Kinder wiederum ist vielleicht, dass sie jetzt zwar Miteigentümer an einer Immobilie sind, Geld haben sie so aber nicht „in der Hand“. Denn ein Miteigentumsanteil stellt zwar einen Wert da, aber ausgeben kann man diesen nicht. Wichtig ist an dieser Stelle, kein Erbe kann einen anderen Erben zum Verkauf der geerbten Immobilie  zwingen. Das Barvermögen des Ehemannes wird, entsprechend der zuvor erwähnten geltenden Regeln der gesetzlichen Erbfolge, zwischen den Erben aufgeteilt. Haben die Ehegatten ein gemeinsames Konto gehabt, so wird dieses geteilt. 50 Prozent werden dem Ehemann und die anderen 50 Prozent der Ehefrau zugeschrieben. Aber auch hier gilt: Das Barvermögen kann erst aufgeteilt werden, wenn die Erben sich einig sind. Ein Erbe kann also alles blockieren. Nach dem Tod der Ehefrau wird das Erbe auf die beiden gemeinsamen Kinder der Ehegatten verteilt. Das Kind des Ehemannes aus der früheren Beziehung geht „leer“ aus. Möglichkeit zwei – die Ehefrau stirbt zuerst: Die Situation weicht von der oben dargestellten Situation ab. Der Ehemann erbt zur Hälfte. Die beiden gemeinsamen Kinder erben die weitere Hälfte des Vermögens der Ehefrau – pro Kind also je ein Viertel des Nachlasses. Das Kind des Ehemannes aus der früheren Beziehung bekommt im Fall des Versterbens der Ehefrau keinen Erbanteil. Die vorigen Ausführungen zur Miteigentümerstellung und der Auseinandersetzung gelten entsprechend. Sobald der Ehemann stirbt, erben seine drei Kinder jeweils zu einem Drittel. Das Kind des Ehemannes aus der früheren Beziehung erbt also auch einen „Vermögensteil“ der Ehefrau. Für das Kind des Ehemannes aus der früheren Beziehung ist es im Hinblick auf seinen Erbanspruch also „günstiger“, wenn der Ehemann länger lebt. Wenn Sie sich jetzt fragen, ob Sie eine Änderung dieser Situation herbeiführen können: Ja, die Möglichkeit besteht.

 

◼ Die Änderung der gesetzlichen Erbfolge in Form eines Testaments: Zunächst ist entweder von jedem Ehegatten für sich oder von den Ehegatten gemeinsam zu klären, wie es nach dem eigenen Tod weitergehen soll. Die Ehegatten können jeder für sich ein Testament erstellen oder was in dieser Konstellation anzuraten ist, ein Ehegattentestament (Berliner Testament) erstellen. In diesem Testament können die Ehegatten bestimmen, dass nach dem Tod des Erstver- sterbenden der länger lebende „Alleinerbe“ sein soll. Die Kinder haben dann immer noch einen Pflichtteilsanspruch, aber eben keinen Erbanspruch mehr. Der Unterschied besteht darin, dass der Erbanspruch bei der Immobilie einen Miteigentumsanspruch begründet. Der Pflichtteilsanspruch begründet einen rein monetären Anspruch. In unserem Fall bedeutet dies, dass der länger lebende Ehegatte Alleineigentümer der Immobilie wird. Ob er mit der Immobilie auch alles machen kann, müssen die Ehegatten in ihrem gemeinsamen Testament festlegen. Ebenso können und sollten die Ehegatten festlegen, wer nach dem Tod des länger Lebenden Erbe sein soll. In unserem Beispiel können alle drei Kinder zu gleichen Teilen erben oder nur eines der Kinder. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, einen Pflichtteilsberechtigten, also die Kinder, können die Ehegatten in der Regel nicht vollständig ausschließen. „Der kriegt nix“ funktioniert in der Realität also meistens nicht. Die Ehegatten müssen auch bedenken, dass die Kinder, die erbberechtigt sind, nach dem Tod des Erstversterbenden einen Anspruch auf den Pflichtteil geltend machen können, diesen Anspruch kann das Ehepaar ebenfalls nicht verhindern. Eventuell kann das Ehepaar die Kinder aber mit einer „Pflichtteilsstrafklausel“ von der Geltendmachung abhalten. Selbstverständlich gibt es noch weitere Gestaltungsmöglichkeiten, gegebenenfalls auch bereits im Voraus. Da jeder potenzielle Erbfall jedoch anders liegt, ist hier eine Beratung zwingend erforderlich. Am Ende sei noch die Frage geklärt, was alles zum Nachlass gehört. In den Nachlass gehört alles, was im Eigentum des Erblassers stand. Hierzu gehört zum Beispiel ein Auto – egal wie alt dieses war, Schmuck, Bekleidung sowie Waffen. Ebenfalls zum Nachlass gehört ein eventueller Urlaubsanspruch des Erblassers gegenüber dem Arbeitgeber des Erblassers. Dieser ist in Geld an die Erben auszuzahlen. Es „lohnt“ sich also bei der Zusammensetzung des Nachlasses nochmals genau hinzuschauen.

 

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