„Den Führerschein bitte!“ – Fahrverbote in der Praxis

Der Führerschein ist für viele unverzichtbar – sei es für die Fahrt zur Arbeit, den Einkauf, oder den Ausflug am Wochenende. Umso einschneidender ist die Verhängung eines Fahrverbotes. Der folgende Beitrag soll klären, wann ein Fahrverbot verhängt werden kann und welche Möglichkeiten bestehen, hiergegen vorzugehen.

Allgemeines
Ein Fahrverbot kann nur verhängt werden, wenn das Gesetz dies vorsieht. Bei Ordnungswidrigkeiten, also etwa zu schnelles Fahren oder das Überfahren einer roten Ampel, regelt § 25 StVG, dass bei groben oder beharrlichen Verstößen ein Fahrverbot von einem bis drei Monaten angeordnet werden kann. Die Anordnung erfolgt bei Ordnungswidrigkeiten durch die Bußgeldbehörde, oder, wenn der Verstoß zum Beispiel nach einem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid bei Gericht landet, durch das Amtsgericht. Bei der Begehung von Straftaten kann das Gericht als Nebenstrafe gemäß § 44 StGB
ein Fahrverbot von einem bis sechs Monaten aussprechen. Das schärfste Schwert der Justiz bezüglich des Führerscheins ist die Entziehung der Fahrerlaubnis, § 69 StGB. Während bei einem Fahrverbot der Betroffene den Führerschein nach Ablauf automatisch zurückerhält, muss er nach der Entziehung den Führerschein neu beantragen, wobei hier eine Sperrfrist von mindestens sechs Monaten zu beachten ist. Bei einer Neuerteilung des Führerscheins prüft die Führerscheinbehörde dann außerdem, ob etwaige Eignungsmängel gegeben sind, die zur Anordnung eines medizinischpsychologischen Gutachtens (MPU) führen können.

Wann wird es kritisch?
In Gesetz und Rechtsprechung haben sich Regelbeispiele entwickelt, nach denen ein Fahrverbot verhängt, oder die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet wird. Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen mit dem PKW wird ein Regelfahrverbot bei zwei Verstößen innerhalb eines Jahres mit mindestens 26 km/h angeordnet, oder einem Verstoß mit mindestens 31 km/h (innerorts) beziehungsweise 41 km/h (außerorts) über der erlaubten Geschwindigkeit. Bei dem Überfahren einer roten Ampel droht ein Fahrverbot, wenn diese bereits mehr als eine Sekunde rot gezeigt hatte. Bei Verkehrsstraftaten, insbesondere der Gefährdung des Straßenverkehrs, wird die Fahrerlaubnis in der Regel bei Trunkenheit im Straßenverkehr entzogen – hierunter fallen auch Beeinträchtigungen durch Drogen. Weiterhin auch bei Straßenverkehrsgefährdungen, insbesondere dann, wenn andere Menschen gefährdet oder sogar verletzt werden, oder ein Schaden von bedeutendem Wert eintritt (ab etwa 800 bis 1000 Euro). Gleiches gilt bei illegalen Autorennen. Bei leichteren Vergehen im Straßenverkehr, wie beispielsweise Beleidigungen oder Nötigungen, so diese keine weiteren Gefährdungen oder Schäden nach sich ziehen, kann das Gericht ein Fahrverbot aussprechen. Das Gericht kann ein Fahrverbot übrigens auch bei Straftaten anordnen, bei denen der Täter nicht selbst am Verkehrsgeschehen beteiligt war, oder es sich um gar kein Verkehrsdelikt handelt – wenn das Gericht dies als erforderlich erachtet, um auf den Täter einzuwirken. Hier kommen zum Beispiel auch Betrugsstraftaten (Tankbetrug), oder das Überlassen des eigenen Fahrzeugs an eine Person ohne Führerschein in Betracht.

Möglichkeiten ein Fahrverbot zu vermeiden
Die Frage, ob man im Zweifel um ein Fahrverbot herumkommen kann, ist stets eine Einzelfallbetrachtung. Bei Rotlichtverstößen kommt eventuell ein Augenblicksversagen in Betracht – etwa bei einer unübersichtlichen und verwirrenden Verkehrsregelung, bei dem dann die Anordnung eines Fahrverbots ausnahmsweise entfallen kann. Auch bei Berufskraftfahrern und Personen, die zwingend auf ihren PKW angewiesen sind, kann ein Fahrverbot im Einzelfall unverhältnismäßig sein. Bei Straftaten, so es sich um Vergehen (Mindeststrafmaß unter einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe) handelt, kann gegebenenfalls eine Einstellung des Verfahrens
– zum Beispiel gegen Geldauflage
– in Betracht kommen. Auch bei Straftaten, bei denen in der Regel eine Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgt, kann im Einzelfall ein Ausnahmefall gegeben sein, zum Beispiel bei Durchführung einer Nachschulung oder wenn zwischen Tat und Urteil deutlich mehr als ein Jahr vergangen ist (mindestens aber 15 bis 18 Monate) und der Täter sich zwischenzeitlich beanstandungsfrei verhalten hat. Da hierbei stets der konkrete Fall zu prüfen ist, empfiehlt es sich, anwaltlichen Beistand zu suchen, wenn der Führerschein auf dem Spiel steht.

Autor: Markus Reichel, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Kanzlei77 – Kanzlei Dr. Braun GmbH, Spitalstr. 2a, 77652 Offenburg

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