Selbstbestimmt entscheiden

Jeder Mensch kann unerwartet in eine Lebenssituation geraten, in der er nicht mehr eigenständig Entscheidungen treffen oder konkrete Wünschen äußern kann. Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen regeln im Vorfeld die persönlichen Vorstellungen und Wünsche des Betroffenen.

Vielen Familien ist diese Thematik, auch aufgrund zunehmender öffentlicher Beiträge, prinzipiell bekannt. Dennoch wird die Realisierung solcher Verfügungen und Vollmachten oft nur andiskutiert, um dann auf unbestimmte Zeit verschoben zu werden oder gänzlich in der gedanklichen Ablage zu verschwinden. Dabei bedürfen gerade solche vorsorglichen Regelungen einer zeitnahen Realisierung, um für den unplanbaren Ernstfall alles im Vorfeld geregelt zu haben. Vorsorgende Regelungen bedeuten letztendlich nichts anderes, als seine persönlichen Wünsche festzuhalten und somit selbstbestimmt zu bleiben. Denn die Würde des Menschen ist unantastbar.

Generell gilt es zu unterscheiden zwischen Vorsorgeregelungen vor dem Tod und Regelungen, die für den Todesfall getroffen werden. Exemplarisch seien das Testament, der Erbvertrag sowie die Regelung des Sorgerechts durch eine Sorgerechtsverfügung oder eine Bestattungsverfügung angeführt.

Vorsorge vor dem Tod:

In diesem Beitrag werden die wichtigsten Gestaltungsmöglichkeiten für die Vorsorge vor dem Tod, namentlich die Vorsorgevollmacht, die Betreuungsverfügung und die Patientenverfügung näher erläutert. Sowie einen kurzen Einblick über deren Sinnhaftigkeit und Ausgestaltungen gegeben. Es handelt sich hierbei in erster Linie um Regelungen für den Fall, in denen eine Person aufgrund Krankheit, Unfall oder sonstiger Ereignisse nicht mehr selbst Rechtsgeschäfte vornehmen oder nicht mehr seinen eigenen Willen kundtun kann.

Generell können volljährige Erwachsene, außer im Rahmen einer gerichtlichen Betreuungsanordnung, nicht ohne das Vorliegen einer Vollmacht gesetzlich vertreten werden. Selbst ein Ehegatte oder Lebenspartner kann, und dies ist für viele Mandanten sehr überraschend, keine Rechtsgeschäfte für den volljährigen Partner ohne entsprechende Vollmacht vornehmen. Dies gilt ebenso für volljährige Kinder, Eltern oder Großeltern. Inwieweit diese Tatsache demnächst vom Gesetzgeber durch ein Notvertretungsrecht für Ehegatten und Lebenspartner geändert wird, bleibt abzuwarten. Der Bundesrat hat dem Gesetzesbeschluss vom Mai 2017 noch nicht zugestimmt.

Vertretungsvollmacht:

Volljährige können somit eine selbstbestimmte, von staatlicher Einwirkung unabhängige Vertretung für sich nur dann erreichen, wenn sie einem Vertreter selbst durch Rechtsgeschäft Vertretungsmacht einräumen. Dies kann in Form einer Vollmacht geschehen.

Die Art, Umfang und Inhalt der Vollmacht definiert sich nach den Belangen des Vollmachtgebers. Vertraut der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten zu 100 Prozent, so kann er diesem eine Generalvollmacht einräumen. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit eine Vollmacht ausschließlich für spezielle Bereiche, eine sogenannte Spezialvollmacht – wie eine reine Bankvollmacht – zu erteilen. Ferner kann der Vollmachtgeber ergänzend entscheiden, ob er einem Bevollmächtigten eine Einzelvollmacht erteilen möchte oder ob der Vollmachtgeber wirksam nur durch mehrere Personen zusammen vertreten werden kann. Hier spricht man von Gesamtvertretung. Die Erteilung einer General- oder Einzelvollmacht sollte hierbei gut überlegt und die hieraus entstehenden rechtlichen Folgen berücksichtigt werden.

Vorsorgevollmacht:

Die Vorsorgevollmacht verfolgt den Zweck, dass der Bevollmächtigte nicht nur Rechtsgeschäfte für den Vollmachtgeber durchführen kann. Sie soll im Fall der Fälle durch die Einsetzung der bevollmächtigten Person oder einer weiteren Vertrauensperson als Betreuer (Betreuungsverfügung) verhindern, dass eine sonst notwendige staatliche Anordnung einer gesetzlichen Betreuung erfolgt, § 1896 Abs. 2 S.2 BGB. Mit Hilfe der Vorsorgevollmacht kann somit der Ersteller für den Notfall seine Wünsche dokumentieren und hierdurch selbstbestimmt bleiben.

Patientenverfügung:

In diesem Zusammenhang kann ergänzend eine Patientenverfügung errichtet werden. Sie regelt analog der Vorsorgevollmacht konkret die Schritte für den Fall, dass der Patient im Zeitpunkt einer anstehenden medizinischen Behandlung einwilligungsunfähig ist. Die Patientenverfügung ermöglicht es dem Patienten frei zu entscheiden, welche Untersuchungen, Heilbehandlungen oder Eingriffe er von denjenigen, die der Arzt als medizinisch indiziert ansieht, zulässt.

Die Patientenverfügung sollte ausreichend konkret detailliert beschreiben und festlegen, welche Behandlungen gewünscht und welche nicht gewünscht werden, um Interpretations- und somit Handlungsspielräume für Ärzte und Angehörige zu vermeiden. Anderenfalls läuft man gemäß einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom August 2016 (Az: XII ZB 61/16) Gefahr, dass die Verfügung als nicht bindend angesehen wird. Aus diesem Grunde genügt es hierfür oft nicht, eine im Internet vorgefertigte Checkliste, ohne weitere medizinische Aufklärung, abzuarbeiten.

Bereits erkrankten oder chronisch kranken Menschen empfiehlt sich Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt zu eventuellen Krankheitsverläufen und Behandlungsmethoden zu halten. Wurde die Patientenverfügung demnach hinreichend bestimmt, so kann der Arzt die gewünschten Behandlungsmaßnahmen ohne weitere gerichtliche Genehmigungen einleiten.

Um die Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht, einer Betreuungsverfügung sowie einer Patientenverfügung zu garantieren, ist somit eine rechtliche Beratung zu empfehlen. Eine Regelung für den Notfall sollte individuell an die Wünsche und Gegebenheiten des Erstellers angepasst und im Detail konkret sein. Um so letztendlich den Willen des Betroffenen umsetzen und große Interpretationsspielräume und belastende Streitigkeiten vermeiden zu können.

Der erste unabdingbare Schritt ist jedoch, das Thema aus der gedanklichen Ablage hervor zu holen und mit rechtlicher Unterstützung anzugehen.

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