Posten, Liken, Teilen, Retweeten aus rechtlicher Sicht

Die Nutzung von sozialen Netzwerken und deren Funktionen gehören zum digitalen Alltag. Welche rechtlichen Konsequenzen die Vergabe eines “Likes” oder auch das Teilen von Inhalten hat, soll der nachfolgende Beitrag beschreiben.

 

Eigene Beiträge in sozialen Netzwerken

Für das Veröffentlichen oder Posten eigener Beiträge gelten die allgemeinen gesetzlichen Regeln, also insbesondere strafrechtliche Schranken (zum Beispiel in Bezug auf “Hate Speech”). Weiterhin haben soziale Netzwerke auch eigene Nutzungsbedingungen, welche die Zulässigkeit von Inhalten regeln. Diese können auch strikter sein als die gesetzlichen Regeln.
Jedoch müssen soziale Netzwerke, gerade wenn diese eine starke Reichweite haben, auch die Rechte ihrer Nutzer berücksichtigen. In einem vor dem Oberlandesgericht (OLG) München entschiedenen Verfahren (Beschluss vom 24.08.2018, Az. 18 W 1294/18) wurde Facebook verpflichtet, einen zuvor gelöschten Nutzerkommentar wiederherzustellen, der sich kritisch mit einem verunglimpfenden Beitrag auseinandersetzte, selbst jedoch rechtlich unproblematisch war. Das Gericht stellte fest, dass hier das Recht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) im Rahmen der sogenannten mittelbaren Drittwirkung von Facebook zu berücksichtigen sei. Da der Beitrag von der Meinungsfreiheit gedeckt war, wurde die Entfernung als rechtswidrig durch das OLG beurteilt und die Löschung untersagt.

Bei der Veröffentlichung von Inhalten Dritter sind insbesondere fremde Urheberrechte und auch das Recht Dritter am eigenen Bild zu berücksichtigen. Bevor ein Urlaubsfoto auf Instagram veröffentlicht wird, muss sichergestellt sein, dass sämtliche darauf abgebildete Personen ihr Einverständnis hierzu erklärt haben. Eine Ausnahme nach § 23 Nr. 2 KunstUrhG gilt für Personen, die bloß als “Beiwerk” neben einer Landschaft abgebildet sind, wie. bei Panoramaaufnahmen, bei denen die abgebildeten Personen überhaupt nicht im Fokus der Aufnahme stehen.

Das Urheberrecht verbietet die Veröffentlichung fremder Werke ohne Einverständnis des Urhebers beziehungsweise Rechteinhabers, beispielsweise bei Texten (Vorsicht ist auch bei Gedichten geboten, die sich frei im Internet finden lassen), Musik, Fotos und Videos. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich einen Fall entschieden, in welchem ein Nutzer, der ein Video mit einer Fototapete im Hintergrund veröffentlichte, durch das Unternehmen, welches die Tapete vertrieb, verklagt wurde. Das Unternehmen sah darin eine Urheberrechtsverletzung. Der BGH entschied aber, dass keine Urheberrechtsverletzung vorlag (Urteil vom 11.09.2024, Az. I ZR 139/23). Der BGH führt in seiner Begründung aus, dass es erwartbar sei, dass eine Fototapete auf Aufnahmen des jeweiligen Raumes auch im Internet abgebildet werden könne und der Fotograf, der seine Aufnahme für die Nutzung auf einer Fototapete freigegeben habe, auch damit rechnen müsse.

 

Teilen von Inhalten und die Verantwortung hierfür

Soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram, TikTok oder Twitter/X bieten ihren Nutzern die Möglichkeit, Beiträge anderer Nutzer zu honorieren, durch Betätigen einer entsprechenden “Like”-Schaltfläche oder dem Teilen von Beiträgen.

Im äußerungsrechtlichen Kontext stellt sich die Frage, ob man sich bei dem Liken oder Teilen von Textinhalten Dritter, deren Inhalt zu eigen macht. Dies ist insbesondere bei falschen Tatsachenbehauptungen relevant. Wenn der Betroffene gegen den Urheber von falschen Tatsachenbehauptungen wie “Fake News” vorgeht, haften dann auch Personen, die solche Beiträge geliket oder geteilt haben?

Beim bloßen, kommentarlosen Teilen von Inhalten (wie dem “Retweeten” bei Twitter/X) geht die Rechtsprechung davon aus, dass hierdurch ein Zu-Eigen-Machen noch nicht gegeben ist. Etwas anderes gilt dann, wenn geteilte Inhalte zusammen mit einem eigenen positiven Kommentar, zum Beispiel einer “Leseempfehlung” geteilt werden. In diesem Fall ist eine Haftung des Teilenden für den fremden Inhalt gegeben (so das OLG Dresden, Urteil vom 07.02.2017, Az. 4 U 1419/16). Ob ein bloßes “Like” einen solchen positiven Kommentar darstellen kann, ist umstritten.

Auch im strafrechtlichen Kontext stellt sich die Frage der Strafbarkeit des Teilens oder „Likens“ strafbarer Beiträge. Nach Ansicht des Landgerichts Meiningen kann das Liken eines strafbaren Beitrags eine Billigung von Straftaten (§ 140 StGB) darstellen (Beschluss vom 05.08.2022, Az. 6 Qs 146/22). Bei dem Teilen von strafbaren Medien ist eine Strafbarkeit stets dann gegeben, wenn das Verbreiten selbst unter Strafe gestellt ist, wie bei volksverhetzenden Inhalten (§ 130 StGB) oder Gewaltdarstellungen (§ 131 StGB).

Fazit: Beim Teilen fremder Inhalte ist Vorsicht geboten, gerade bei Inhalten, deren Wahrheitsgehalt zweifelhaft ist, beispielsweise bloßen Gerüchte. Als Betroffener von “Fake News” oder “Hate Speech” in sozialen Netzwerken empfiehlt sich darüber hinaus die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, um entsprechende rechtliche Maßnahmen gegen Urheber und auch das jeweilige soziale Netzwerk selbst ergreifen zu können.

 

Autor: Rechtsanwalt Markus Reichel, Kanzlei77 – Kanzlei Dr. Braun GmbH – Spitalstr. 2a, 77652 Offenburg

 

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