Familienrecht: Wie Paare den Fall der Fälle per Vereinbarungen zufriedenstellend regeln
Vorsorgende Eheverträge, Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen sind nicht nur für Unternehmer, auch für Patchwork-Familien eine sinnvolle Gestaltungsmöglichkeit. Die Möglichkeiten im Einzelnen:
◼ Ehevertrag: Das familienrechtliche Mandat kann bereits vor Eheschließung in Form einer Beratung zum Thema Ehevertrag beginnen. Hier werden die zukünftigen Eheleute darüber informiert, welche vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten sie neben den gesetzlich vorgesehenen Regelungen insbesondere im Rahmen des Güterrechts, des Unterhalts- und Versorgungsrechts haben. Individuelle Vereinbarungen können beispielsweise sinnvoll sein, wenn die Eheleute bereits zuvor verheiratet waren und aus erster Ehe Kinder hervorgegangen sind und möglicherweise auch die neue Partnerschaft den Kinderwunsch verwirklichen möchte. Bei diesen sogenannten Patchwork-Familien können unterhaltsrechtliche sowie auch erbrechtliche Regelungen sinnvoll erscheinen. Beides kann im Rahmen eines Ehevertrages mit integrierten Erbfolgeregelungen vereinbart werden. Hierbei können für den Fall der Scheidung die Unterhaltsmodalitäten auf die jeweiligen Gegebenheiten angepasst werden und eventuell im Sinne des § 1587 b BGB der Höhe nach begrenzt und befristet werden.
Auch können in diesem Zusammenhang die erbrechtlichen Vorstellungen im Hinblick der Kinder aus erster Ehe besprochen und niedergeschrieben werden. Ebenso sind individuell ausgestaltete Eheverträge sinnvoll, wenn bereits vor Eheschließung bestehende Vermögenswerte nicht Bestandteil der Zugewinngemeinschaft werden sollen. So kann zum Beispiel zur Erhaltung der wirtschaftlichen Substanz von Unternehmen, zum Schutz von Immobilien oder Erbschaften, die Herausnahme aus der Zugewinngemeinschaft, in Form von ehevertraglichen Gestaltungen als modifizierte oder partielle Zugewinngemeinschaft sinnvoll erscheinen. Ebenso können klare Regelungen im Hinblick auf die Ausgestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse definiert und in diesem Zusammenhang die gesetzlich normierten Unterhaltsverpflichtungen individuell vereinbart werden. Allerdings ist hierbei darauf zu achten, dass ein kompletter Ausschluss der Unterhaltsverpflichtungen nur unter eingeschränkten Bedingungen möglich ist. Sobald aus der Ehe Kinder hervorgehen, ist ein kompletter Ausschluss von Unterhaltsansprüchen und Versorgungsanwartschaften ausgeschlossen.
Im Falle einer Scheidung würde der/die zuständige Richter/in solch einen Komplettausschluss für rechtswidrig ansehen und möglicherweise den gesamten Ehevertrag gemäß § 139 BGB für nichtig erklären. Um sichergehen zu können, dass im Fall einer Scheidung ein Ehevertrag der Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle des Gerichts standhält und somit seine ganze Wirksamkeit entfalten kann, wird eine anwaltliche Beratung dringend empfohlen.
◼ Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung: In den meisten Fällen beginnt das familienrechtliche Mandat jedoch kurz vor oder nach der Trennung. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich die Eheleute oftmals in einer psychischen Ausnahmesituation. Ihr gemeinsamer Lebensplan ist gescheitert. Neben emotionalen Ängsten plagen die Eheleute wirtschaftliche Sorgen. Im Beratungsgespräch möchte die Mandantschaft darüber informiert werden, was in dieser Trennungsphase zu beachten ist, welche Rechte und Pflichten daraus für sie entstehen und welche weiteren Schritte nun zu unternehmen sind. Nicht selten besteht der Wunsch der Eheleute, die Trennung weitestgehend einvernehmlich, ohne »Rosenkrieg«, vollziehen zu können. Die Praxis zeigt jedoch, dass trotz aller guten Vorsätze trefflich gestritten werden kann. Aus anwaltlicher Sicht und im wohlgemeinten Interesse der Mandantschaft erscheint es daher zielführend, eine Regelung der Trennungs- und Scheidungsfolgen mit Hilfe einer Vereinbarung zu treffen, um die strittigen Punkte einvernehmlich regeln zu können. So können gegebenenfalls langwierige und nervenaufreibende Gerichtsprozessevermieden werden.
☛ Trennungsvereinbarung: Mit Hilfe der Trennungsvereinbarung können die Ehegatten die Betreuung der Kinder, den Umgang mit ihnen, deren Unterhalt sowie die Höhe des Trennungsunterhaltes für den betreuenden Elternteil festlegen. Auch können hier schon Vereinbarungen über die Aufteilung des gemeinsamen Hausrats sowie eine Regelung über die Nutzung der Ehewohnung getroffen werden. Schon während des Trennungsjahres empfiehlt es sich, die gemeinsamen Vermögenswerte wie Sparvermögen, Darlehensverbindlichkeiten jeweils entsprechend aufzuteilen sowie, wenn möglich, den auf beide Ehegatten laufenden Mietvertrag oder etwaige Nebenkosten umstellen zu lassen. Auch sollte eine im gemeinsamen Miteigentum stehende Immobilie im Hinblick auf den zu beziffernden Zugewinn bewertet werden. Eine Trennungsvereinbarung bedarf keiner gesetzlich vorgeschriebenen Form, sofern keine weiteren formbedürftigen Rechtsgeschäfte, wie zum Beispiel eine Übertragung von Grundbesitz, durchgeführt werden soll. Sie kann somit privatschriftlich oder durch Anwaltskorrespondenz fixiert werden.
☛ Scheidungsfolgenvereinbarung: Haben sich die Ehegatten nach Ablauf des Trennungsjahres entschieden, sich scheiden zu lassen, so können sie mit Hilfe einer Scheidungsfolgenvereinbarung gemeinsam Regelungen treffen, die für den Fall der Ehescheidung notwendig sind. Es können hierin insbesondere der Zugewinnausgleich, die Höhe und Dauer des nachehelichen Unterhalts, Regelungen zum Versorgungsausgleich, Kindesunterhalt sowie Umgangsregelungenvereinbart werden. Durch eine Scheidungsfolgenvereinbarung können oftmals langwierige und kostenintensive Gerichtsverfahren vermieden und eine schnelle, endgültige Vermögensauseinandersetzung erzielt werden. Zu Ihrer Rechtswirksamkeit bedarf diese Vereinbarung vor rechtskräftiger Ehescheidung der notariellen Beurkundung oder kann gegebenenfalls innerhalb des Ehescheidungsverfahrens gerichtlich protokolliert werden.