Das Kindeswohl steht immer an erster Stelle

Stetig ansteigende Zahlen nicht miteinander verheirateter Eltern und die hohe Scheidungsquote führen dazu, dass immer mehr Kinder nur bei einem Elternteil aufwachsen. Das Besuchsrecht des anderen, juristisch Umgangsrecht genannt, ist gesetzlich verankert und elementares Grundrecht des Kindes mit Verpflichtungscharakter für die Eltern. Dementsprechend hat die Rechtsprechung den Eltern aufgegeben, wozu sie zum Wohle ihres Kindes verpflichtet sind. Dabei geht es nicht um die Bedürfnisse der Eltern, sondern ausschließlich um das Kindeswohl, für das der unbelastete Kontakt zu beiden Elternteilen als erziehungsimmanent und entwicklungsförderlich angesehen wird. Führt man sich vor Augen, dass nach einer gescheiterten Paarbeziehung die Kommunikation oftmals zum Erliegen gekommen ist, abgesehen von tiefgreifenden Auseinandersetzungen und der Unfähigkeit noch aufeinander zuzugehen, wird bewusst, welche Aufgabe Eltern auf sich nehmen müssen. Sie sind zum Wohle des Kindes verpflichtet, die emotionalen Befindlichkeiten müssen in den Hintergrund rücken, um gute Vereinbarungen zu treffen, die den Alltag tragfähig begleiten und den Umgang des Kindes zum getrenntlebenden Elternteil unbelastet ermöglichen. Gelingt das nicht, haben die Jugendämter eine unterstützende Funktion. Dort werden Gespräche moderiert und es wird versucht, tragfähige Vereinbarungen zwischen den Eltern zu vermitteln.

Terminregelung und die Ferien: Danach bleibt als letzte Option der Weg zum Gericht, das für einen längeren Zeitraum alle Umgangstermine mit Abhol- und Bringzeiten festlegt und die Besuchszeiten an Feiertagen und in Ferienzeiten fixiert. Üblich ist ein 14-tägiger Wochenendkontakt, beginnend am Freitag, endend am Sonntag. Die Feiertage werden zwischen den Eltern aufgeteilt, häufig im jährlichen Wechsel. In jedem Fall bekommt der umgangsberechtigte Elternteil aber den zweiten Feiertag und die Hälfte der gesetzlichen Schulferien. Der Umgangsberechtigte darfin Ferienzeiten den Aufenthalt und die Art der Ferien bestimmen, sollte aber den betreuenden Elternteil informieren. Insbesondere bei Auslandsaufenthalten ist die Zustimmung erforderlich, wenn es um Reisen in Gebiete geht, für die besondere Reisewarnungen gelten oder für die ein Impfschutz erforderlich ist. Eine gegenseitige ständige telefonische Erreichbarkeit während der Besuche kann nicht verlangt werden. Während der betreuende Elternteil verpflichtet ist, alles mitzugeben was das Kind benötigt, wie etwa Ersatzkleidung, Medikamente, Brille und die persönlichen Sachen, ist es Aufgabe des Umgangsberechtigten, das Kind pünktlich abzuholen und wieder zurückzubringen. In absoluten Ausnahmefällen kann hier eine Mitwirkungspflicht des anderen Elternteils gegeben sein, insbesondere bei großer räumlicher Distanz mit der Übernahme eines Teils der Fahrstrecke. Ausgefallene Besuchstermine müssen nicht nachgeholt werden, sofern die Gründe in der Person des Berechtigten liegen, es sei denn, zwischen den Eltern sindin solchen Fällen Ersatztermine ausdrücklich vereinbart.

Und der neue Lebenspartner? In der Praxis stellt sich oft die Frage, ob auch neue Lebenspartner am Umgang teilnehmen dürfen. Grundsätzlich darf der Umgangsberechtigte über das ihm zustehende Umgangsbestimmungsrecht entscheiden, ob dritte ihm bekannte Personen am Umgang teilnehmen dürfen. In keinem Falle darf das mit Gefahren für das Kind verbunden sein, hierauf kann das Gericht mit entsprechenden Beschränkungen reagieren. Telefonische und briefliche Kontrakte gehören grundsätzlich zum Umgangsrecht, mit dem Umkehrschluss, dass sich der Umgangsberechtigte außerhalb gerichtlich festgelegter Umgangszeiten einer Kontaktaufnahme zu enthalten hat. Uneinig sind sich die Gerichte inwieweit ein Anspruch auf Einrichtung und Überlassung eines separaten Handys besteht und wer hierfür die Kosten zu tragen hat. In keinem Fall dürfen jedoch Telefonate mit dem anderen Elternteil kontrolliert werden, das gilt als grober Verstoß gegen die Loyalitätspflicht.

Wenn das Kind nicht will: Manchmal sind es auch die Kinder, die sich gegen den Umgang wehren. Dann müssen Gerichte entscheiden, inwieweit der Wille des Kindes beachtlich ist, oder durch einen Elternteil maßgeblich beeinflusst worden ist und somit unbeachtlich. Solche manipulierten Äußerungen eines Kindes geben niemals die zutreffenden Bindungsverhältnisse wieder. Lässt sich eine solche Beeinflussung nachweisen, steht die Erziehungsfähigkeit in Frage. Erstmit zunehmendem Alter wird der Kindeswille berücksichtigt. Eine ablehnende Haltung mit einem Umgangsausschluss setzt in jedem Fall eine nachgewiesene Kindeswohlgefährdung voraus. Manchmal sind es die Großeltern,die Umgang verlangen und von einzelnen Gerichten auch in unterschiedlicher Ausprägung bei bestehender Bindung zugestanden bekommen. Konflikte über Erziehungsstile, Loyalitätskonflikte des Kindes zwischen Eltern und Großeltern gilt es im Einzelnen abzuwägen. Übernachtungskontakte stellen jedoch die Ausnahme dar, das Erziehungsprimat der Eltern hat immer noch Vorrang, und dem Kind sollen Loyalitätskonflikte erspart bleiben. Erst kürzlich hat das OLG Brandenburg (FamRZ 2016, 1092) ein Kontaktverbot zum 14 Jahre alten Enkelkindbestätigt und damit im Streit zwischen Großeltern und Eltern einseitig die Eltern unterstützt.

Vereinbarung kann vollstreckt werden: Vereitelt der umgangsberechtigte Elternteil nachhaltig den Umgang, hat das Gericht die Möglichkeit, eine Umgangspflegschaftmanzuordnen. Nachdem das Familiengericht den Umgang festgelegt hat, darf der Umgangspfleger das Kind zur Durchführung des Umgangs heraus verlangen und die Durchführung gestalten. Haben die Eltern eine gerichtliche Umgangsvereinbarung getroffen, kann diese sogar vollstreckt werden durch Anordnung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft gegen den betreuenden Elternteil, der damit zur Einhaltung der
Umgangskontakte angehalten werden soll. Er ist dabei in der Beweispflicht und muss gegebenenfalls sein Nichtverschulden nicht nur vortragen sondern auch beweisen. Bei fortgesetzter Verweigerung kommt schlussendlich sogar der Entzug des Sorgerechts in Betracht, was aber immer eine Ausnahmeentscheidung sein wird, da in erster Linie das Wohl des Kindes zu beachten ist. Für alle Streitigkeiten und Konfliktfälle gilt, dass es sichum Einzelfallentscheidungen handelt, bei denen der gesamte Lebenssachverhalt unter die Lupe genommen werden muss, bevor eine verbindliche Rechtsaussage getroffen werden kann.

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