Autor: Rechtsanwältin Claudia Heise
Kaum einer weiß, worauf er achten sollte, bevor er heiratet und welche Regelungen für ihn sinnvoll wären. Nur selten nehmen Verlobte eine anwaltliche Beratung im Vorfeld in Anspruch. Schon Kenntnisse in den Bereichen Zugewinnausgleich (Vermögen) und Versorgungsausgleich (Rente) sowie die unterhaltsrechtlichen Konsequenzen im Scheidungsfall würden viele Paare vor Streit und zerrütteten Familienbeziehungen bewahren. Meist öffnen sich die Augen erst, wenn die Ehe vor dem ‚Aus‘ steht und diffuse Vorstellungen der Realität weichen müssen.
Eheverträge werden oft als unromantisch empfunden, obwohl der Gesetzgeber selbst in den §§ 1408 ff. BGB ausdrücklich auf diese Möglichkeit hinweist.
Angesichts hoher Scheidungsquoten, immerhin wird mittlerweile jede dritte Ehe geschieden, schützen sich moderne Paare jedoch zunehmend durch einen Ehevertrag.
Was gilt ohne Ehevertrag?
Das Familienrecht ist im vierten Buch des BGB geregelt und legt Rechte und Pflichten von Ehepartnern und Kindern während der Ehe und im Falle einer Scheidung fest.
Ohne Ehevertrag leben die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, das heißt, bei Beendigung der Ehe wird der Zugewinn berechnet und derjenige, der den höheren Zugewinn erzielt hat, ist zum Ausgleich verpflichtet.
Was sich so einfach anhört, ist ein kompliziertes Konstrukt, bei dem Anfangs- und Endvermögen gegenübergestellt und untereinander ausgeglichen werden. Hat es während der Ehe Schenkungen und Erbschaften gegeben, werden diese erfasst und gesondert berücksichtigt.
Ein Zugewinnausgleichsverfahren zieht ein Scheidungsverfahren oft sehr in die Länge und verursacht hohe Kosten.
Sämtliche in der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften werden hälftig im Rahmen des sogenannten Versorgungsausgleichs berechnet und geteilt. Gerade bei Selbstständigen kommt es hier oftmals zu einer unangemessenen Benachteiligung desjenigen, der in die Rentenkasse eingezahlt hat und seine Rente nun zur Hälfte abgeben muss, selbst aber nichts erhält.
Ehegatten- und Kindesunterhalt regeln zwar grundsätzlich die einschlägigen familiengesetzlichen Vorschriften, es bleibt aber viel Konfliktpotenzial im Hinblick auf die sehr unterschiedlichen individuellen Lebensverhältnisse. Das zeigt auch die hohe Anzahl von Gerichtsverfahren.
Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll?
Eheverträge bieten Sicherheit und Klarheit für Partner mit unterschiedlichem Vermögen und Einkommen, bei Immobilienbesitz, Freiberuflern und Selbstständigen oder bei einer Unternehmensbeteiligung.
Sind Kinder geplant oder schon vorhanden, bietet ein Ehevertrag Eltern die Möglichkeit, Form und Dauer der Betreuung sowie den Kindes- und Elternunterhalt nach ihren individuellen finanziellen Möglichkeiten und Bedürfnissen zu regeln. Dadurch entstehen weniger Streitigkeiten und die Kommunikation zwischen den Eltern kann zu Gunsten der Kinder aufrechterhalten werden.
Da sich die Bedürfnisse von Kindern oder auch die finanzielle Situation der Eltern im Laufe der Zeit verändern, ermöglicht ein gut gestalteter Ehevertrag, den Kindesunterhalt flexibel anzupassen, um auf veränderte Umstände reagieren zu können oder die Arbeitszeit zugunsten von Betreuungszeiten zu reduzieren.
Kompensationen für berufliche Nachteile sind ebenso Gegenstand von Eheverträgen, wie die Festlegung des geschuldeten Arbeitsumfangs und der Zeitpunkt des beruflichen Wiedereinstiegs nach der Babypause. Überlange Familienphasen führen letztendlich zu großen Rentenlücken, die sich kaum mehr schließen lassen.
Jeder Vertrag wird individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse der Partner zugeschnitten und konkret für ihre Lebenssituation gestaltet. Faire und ausgewogene Vereinbarungen berücksichtigen die Interessen der gesamten Familie, schützen ihr Wohl und sichern alle finanziell angemessen auch im Falle einer Scheidung ab.
Vor diesem Hintergrund ist eine Scheidung dann nur mehr ein formaler, kostenmäßig sehr überschaubarer Akt, der die Familienbeziehungen nicht unnötig belastet und es Eltern ermöglicht, auch in Zukunft ihre Kinder gemeinsam zu begleiten.
Wie werden Eheverträge geschlossen?
Eheverträge werden klassischerweise vor der Ehe geschlossen, sind jedoch jederzeit auch während der Ehe noch möglich.
Damit man sich im Scheidungsfall auf seinen Ehevertrag auch wirklich verlassen kann, arbeiten Rechtsanwälte die einzelnen Klauseln so aus, dass sie rechtlich bindend sind und auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Den Urkundenentwurf erhalten beide Ehepartner zur nochmaligen Prüfung, da jedem Inhalt und Tragweite der Regelungen wirklich bewusst sein müssen. Die Rechtsprechung legt großen Wert darauf, dass Eheverträge freiwillig und ohne unzulässigen Druck zustande kommen. Erst im Anschluss wird der Ehevertrag notariell beurkundet.
Eine anwaltliche Beratung lohnt sich in jedem Falle, sei es, um sich die tatsächliche Rechtssituation erklären zu lassen oder aber Gestaltungsmöglichkeiten durch einen Ehevertrag zu besprechen.
Autorin: Claudia Heise, Rechtsanwältin, Mediatorin, Kanzlei77 – Kanzlei Dr. Braun GmbH, Spitalstr. 2a, 77652 Offenburg