Alles, was Sie über Eheverträge wissen müssen: Ein Leitfaden für Paare

Kaum einer weiß, worauf er achten sollte, bevor er heiratet und welche Regelungen für ihn sinnvoll wären. Nur selten nehmen Verlobte eine anwalt­liche Beratung im Vorfeld in Anspruch. Schon Kenntnisse in den Bereichen Zugewinnausgleich (Vermögen) und Versorgungsausgleich (Rente) sowie die unterhaltsrechtlichen Konsequenzen im Scheidungsfall würden viele Paare vor Streit und zerrütteten Familienbeziehungen bewahren. Meist öffnen sich die Augen erst, wenn die Ehe vor dem ‚Aus‘ steht und diffuse Vorstellungen der Realität weichen müssen.

Eheverträge werden oft als unromantisch emp­funden, obwohl der Gesetzgeber selbst in den §§ 1408 ff. BGB ausdrücklich auf diese Möglichkeit hinweist.

Angesichts hoher Scheidungsquoten, immer­hin wird mittlerweile jede dritte Ehe geschieden, schützen sich moderne Paare jedoch zunehmend durch einen Ehevertrag.

 

Was gilt ohne Ehevertrag?

Das Familienrecht ist im vierten Buch des BGB ge­regelt und legt Rechte und Pflichten von Ehepart­nern und Kindern während der Ehe und im Falle einer Scheidung fest.

 

  1. Zugewinn

Ohne Ehevertrag leben die Eheleute im Güter­stand der Zugewinngemeinschaft, das heißt, bei Beendigung der Ehe wird der Zugewinn berech­net und derjenige, der den höheren Zugewinn er­zielt hat, ist zum Ausgleich verpflichtet.

Was sich so einfach anhört, ist ein kompli­ziertes Konstrukt, bei dem Anfangs- und End­vermögen gegenübergestellt und untereinander ausgeglichen werden. Hat es während der Ehe Schenkungen und Erbschaften gegeben, werden diese erfasst und gesondert berücksichtigt.

Ein Zugewinnausgleichsverfahren zieht ein Scheidungsverfahren oft sehr in die Länge und verursacht hohe Kosten.

 

  1. Rente

Sämtliche in der Ehe erworbenen Rentenanwart­schaften werden hälftig im Rahmen des sogenann­ten Versorgungsausgleichs berechnet und geteilt. Gerade bei Selbstständigen kommt es hier oftmals zu einer unangemessenen Benachteiligung desje­nigen, der in die Rentenkasse eingezahlt hat und seine Rente nun zur Hälfte abgeben muss, selbst aber nichts erhält.

 

  1. Unterhalt

Ehegatten- und Kindesunterhalt regeln zwar grund­sätzlich die einschlägigen familiengesetzlichen Vorschriften, es bleibt aber viel Konfliktpotenzial im Hinblick auf die sehr unterschiedlichen individu­ellen Lebensverhältnisse. Das zeigt auch die hohe Anzahl von Gerichtsverfahren.

 

Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll?

Eheverträge bieten Sicherheit und Klarheit für Partner mit unterschiedlichem Vermögen und Ein­kommen, bei Immobilienbesitz, Freiberuflern und Selbstständigen oder bei einer Unternehmensbe­teiligung.

Sind Kinder geplant oder schon vorhanden, bietet ein Ehevertrag Eltern die Möglichkeit, Form und Dauer der Betreuung sowie den Kindes- und Elternunterhalt nach ihren individuellen finanzi­ellen Möglichkeiten und Bedürfnissen zu regeln. Dadurch entstehen weniger Streitigkeiten und die Kommunikation zwischen den Eltern kann zu Gunsten der Kinder aufrechterhalten werden.

Da sich die Bedürfnisse von Kindern oder auch die finanzielle Situation der Eltern im Laufe der Zeit verändern, ermöglicht ein gut gestalteter Ehe­vertrag, den Kindesunterhalt flexibel anzupassen, um auf veränderte Umstände reagieren zu können oder die Arbeitszeit zugunsten von Betreuungszei­ten zu reduzieren.

Kompensationen für berufliche Nachteile sind ebenso Gegenstand von Eheverträgen, wie die Festlegung des geschuldeten Arbeitsumfangs und der Zeitpunkt des beruflichen Wiedereinstiegs nach der Babypause. Überlange Familienphasen führen letztendlich zu großen Rentenlücken, die sich kaum mehr schließen lassen.

Jeder Vertrag wird individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse der Partner zugeschnitten und konkret für ihre Lebenssituation gestaltet. Faire und ausge­wogene Vereinbarungen berücksichtigen die Inte­ressen der gesamten Familie, schützen ihr Wohl und sichern alle finanziell angemessen auch im Falle einer Scheidung ab.

Vor diesem Hintergrund ist eine Scheidung dann nur mehr ein formaler, kostenmäßig sehr überschaubarer Akt, der die Familienbeziehun­gen nicht unnötig belastet und es Eltern ermög­licht, auch in Zukunft ihre Kinder gemeinsam zu begleiten.

 

Wie werden Eheverträge geschlossen?

Eheverträge werden klassischerweise vor der Ehe geschlossen, sind jedoch jederzeit auch während der Ehe noch möglich.

Damit man sich im Scheidungsfall auf seinen Ehevertrag auch wirklich verlassen kann, arbei­ten Rechtsanwälte die einzelnen Klauseln so aus, dass sie rechtlich bindend sind und auch einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Den Ur­kundenentwurf erhalten beide Ehepartner zur nochmaligen Prüfung, da jedem Inhalt und Trag­weite der Regelungen wirklich bewusst sein müs­sen. Die Rechtsprechung legt großen Wert darauf, dass Eheverträge freiwillig und ohne unzulässigen Druck zustande kommen. Erst im Anschluss wird der Ehevertrag notariell beurkundet.

Eine anwaltliche Beratung lohnt sich in jedem Falle, sei es, um sich die tatsächliche Rechtssituati­on erklären zu lassen oder aber Gestaltungsmög­lichkeiten durch einen Ehevertrag zu besprechen.

 

Autorin: Claudia Heise, Rechtsanwältin, Mediatorin, Kanzlei77 – Kanzlei Dr. Braun GmbH, Spitalstr. 2a, 77652 Offenburg

04-FamR-CH

 

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